Pflegereform: Weniger Geld für
Verhinderungs- und Tagespflege

13. November 2020 | Autor: Christoph Lixenfeld

Das aktuelle Konzept der Pflegereform bringt eine Schwächung der Verhinderungs- und der Tagespflege mit sich. Warum das genau der falsche Weg ist – und seine Folgen verheerend.

© British Red Cross

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Das „Eckpunktepapier“ zur Pflegereform sieht zwar vor, die Unterstützung für die ambulante Pflege insgesamt auszuweiten – durch ein erhöhtes Entlastungsbudget von 3.300 statt der bisherigen 2.418 Euro jährlich.
Allerdings soll lediglich die Hälfte dieser Summe für die Tagespflege nutzbar sein – der volle Betrag aber für die stationäre Kurzzeitpflege in einem Heim.
Eine solche Regelung wäre insofern ein schwerer Fehler, als gerade die Tagespflege bei vielen Menschen den Umzug ins Heim wenn nicht verhindert so doch zumindest hinauszögert. Und Kurzzeitpflegeplätze bieten viele Heime auch gar nicht an, weil sie deutlich mehr verdienen, wenn sie Zimmer stattdessen an dauerhaft bei ihnen Gepflegte vergeben.

Verhinderungspflege: Kürzung um 45 Prozent

Geschwächt würde laut den aktuellen Plänen von Jens Spahn neben der Tages- auch die Verhinderungspflege. Darunter versteht man die zeitweise Entlastung familiärer Pflegepersonen durch Profis, beispielsweise damit die pflegenden Angehörigen einmal Urlaub machen können. Vom erhöhten Entlastungsbudget (3.300 Euro jährlich) sollen dafür lediglich 1.320 Euro nutzbar sein – eine Kürzung um 45 Prozent im Vergleich zu den aktuellen gültigen Beträgen.

Sollten diese Pläne tatsächlich Wirklichkeit werden, würden sie erstens ein verheerendes Signal senden und zweitens das Gegenteil dessen bewirken, was sich fast alle Pflegebedürftigen wünschen: so lange wie möglich zuhause zu leben. Denn Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zu schwächen, bedeutet, dass der „Heimsog“ noch stärker wird, dass noch mehr Menschen mangels Alternativen zum Umzug ins Heim gezwungen sind. Der Anteil derjenigen, die bereits mit einem niedrigen Pflegegrad ins Heim umziehen müssen, nimmt ohnehin seit Jahren zu.

„In diesen Zwischenräumen müssen Angebote entstehen“

Vielen dieser Menschen bliebe das erspart, wenn es mehr Angebote gäbe, die einen langsamen, schrittweisen Übergang möglich machen. Ausgerechnet Norbert Blüm – der „Vater“ der Pflegeversicherung – forderte solche Lösungen schon 2014 ein: Man müsse raus aus dem Prinzip „entweder allein zu Hause oder ab ins Heim“, so Blüm damals. Denn zwischen der Pflege in den eigenen vier Wänden und einer stationären Betreuung gebe es tausende Abstufungen. „In diesen Zwischenräumen muss eine große Infrastruktur von Tagespflegeplätzen, von höchst unterschiedlichen Angeboten entstehen.“ Damit dies möglich werde, brauche die Gesellschaft mehr Phantasie, so Blüm.
Und sie braucht andere Signale als jene, die die aktuellen Pläne für die nächste Pflegereform setzt. Bleibt nur zu hoffen, dass das Beschriebene am Ende nicht 1:1 umgesetzt wird.

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